Alle starken Gefühle haben eine Repräsentanz im Körper, wir empfinden eine Emotion, es überkommt uns beim Ansehen der Fürsorge einer Mutter für ihr Kind ein warmes Lächeln und wir spüren eine Öffnung und gleichzeitig eine Wärme im Herzen, der gesamte Gesichtsausdruck wird weicher. Dazu kommt, dass in dieser Situation Hormone wie Oxytocin und Prolaktin ausgeschüttet werden, die im KörperGeist-System harmonisierend wirken.
Dieses emotionale Mitschwingen mit anderen, das Beobachten von bestimmten Emotionen bei anderen lässt uns über die sog. Spiegelneurone das gleiche Gefühl aktivieren, ob wir wollen oder nicht. So schwappt die Woge der Begeisterung in einem Fußballstadion unweigerlich auf alle über oder man gähnt automatisch mit, wenn wir jemand gähnen sehen. Es ist schwer, ja fast unmöglich, diesen Mechanismus auszuschalten oder zu kontrollieren. Man kann es z.B. spüren, wenn uns sexuelle Handlungen in einem Film präsentiert werden. Automatisch springt diese Erregung auf uns über und aktiviert das untere Zentrum mit den Fortpflanzungsdrüsen, die Durchblutung wird verstärkt und der Körper wird mit den entsprechenden Hormonen versorgt. Doch auch dazu muss es ja noch nicht mal eine Filmszene sein, es reicht, eine sexuelle Fantasie zu haben, schon springt der Mechanismus an und wir geraten in eine entsprechende emotionale Verfassung. In diesem Fall wird das untere Energiezentrum aktiviert, das mit den Keimdrüsen und den Sexualhormonen zusammenhängt.
Wenn wir die gegenteilige Emotion schüren, also die „Wut im Bauch“ haben, weil uns jetzt schon zum dritten Mal die Vorfahrt genommen wurde und dann auch noch dieser laut hupende Typ knapp vor uns einschert, dann wird das Nervengeflecht im Bauch, der Solarplexus, aktiviert. Von dort wird der Magen, Milz, Leber, die Nebennieren und vieles Weitere im Bauchraum gesteuert – wobei die Nebennieren in diesem Fall die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin produzieren.
Aber in all diesen Fällen benötigt man nicht unbedingt einen äußeren Auslöser, um ein Energiezentrum zu aktivieren: Die sexuelle Fantasie regt das Sexualzentrum an, der Gedanke an eine leckere Mahlzeit lässt die Verdauungssäfte fließen und wenn man sich in Gedanken sich über die Demütigung beim letzten Meeting ärgert, wo einem vor Wut noch nicht mal eine Erwiderung eingefallen ist, dann setzt das unweigerlich Adrenalin frei – wenn dann die nette Kollegin von nebenan den Kopierer blockiert, bekommt sie die volle Ladung ab.
Man sieht an diesen Beispielen schon, dass die Emotionen sich in bestimmten Zentren des KörperGeist-Systems lokalisieren lassen. Mit diesen Zentren verbunden sind immer bestimmte Hormondrüsen und Nervengeflechte, sie reagieren auf Sinnenreize und genauso auch auf innere geistige Impulse. Ob Du bei dem obigen Beispiel jetzt also wirklich eine Mutter in Fürsorge für ihr Kind siehst oder ob Du es Dir nur vorstellst, ist hier nicht entscheidend, ja, sogar beim Lesen der Sätze setzt schon eine messbare Hormonreaktion ein.
Der Auslöser für die Aktivierung der Energien in den jeweiligen Nervenzentren ist ein geistiger Impuls – sei es, dass wir ihn in unserer Fantasie erzeugt haben und beim Gang durch eine stockdunkle Gegend über angreifende Tiere fantasieren oder der Impuls über einen Sinneskanal erzeugt wurde, weil wir in der Nacht ein Geräusch, vielleicht ein Knurren, aus dem Gebüsch gehört haben. Beides aktiviert den Stoffwechsel, damit wir schnell körperlich reagieren können. Und schlussendlich ist beides ein geistiger Impuls, der ins Körperliche umgesetzt wird.
Diese geistigen Impulse gehen über unser Nervensystem in die einzelnen Zentren, wobei es physiologisch aus drei Bereichen besteht: Das zentrale Nervensystem wird gebildet aus Gehirn und Rückenmark, das periphere Nervensystem aus den peripheren Nerven und Nervenzellkörpern und dem autonomen Nervensystem. Das autonome Nervensystem regelt die Tätigkeit der inneren Organe und wird auch vegetatives Nervensystem genannt. Es wird funktionell unterteilt in die Gegenspieler Sympathikus und Parasympathikus. Der Sympathikus regt Funktionen des Stoffwechsels an, der Parasympathikus verlangsamt ihn.
Wir wollen uns die einzelnen Nervengeflechte und Hormondrüsen, die wir bei den Dehnung-Übungen ansprechen, im Vorfeld einmal etwas genauer ansehen. Im traditionellen Yoga sind die fünf Nervengeflechte mit den fünf mittleren Chakren assoziiert, zusammen mit dem Muladhara-Chakra an der Basis der Wirbelsäule und dem Sahasrara-Chakra am Scheitel sind es dann die sieben klassischen Chakren, wobei die das untere und obere jeweils feinstoffliche Gebilde sind, die keine direkte physiologische Entsprechung haben.